Gesundes Haar nach der Schwangerschaft
Während der Schwangerschaft vollzieht der Körper drastische Umbrüche – das betrifft auch unser Haar. FIORELLA VALDESOLO fragt die Experten, was Sie für eine gesunde Mähne tun können
Der Körper einer werdenden Mutter scheint stetig anzuschwellen, von wachsenden Brüsten bis hin zu Wassereinlagerungen in den Knöcheln. Ganz im Gegensatz zu den Haaren, denn für die kann eine Schwangerschaft ein Segen sein. Viele Frauen stellen jedoch schon wenige Monate nach der Geburt wieder Veränderungen fest.
Drei Monate nachdem ich meine Tochter zur Welt brachte, verlor ich büschelweise Haare. So viel, dass ich den Abfluss meiner Dusch täglich entleeren musste. Mein Haar fühlte sich dünn an und mein Ansatz war deutlich zurückgegangen. Man bezeichnet das als telegenes Effluvium, besser bekannt als postpartaler Haarausfall. Laut der Trichologin Anabel Kingsley leiden 50 Prozent aller Frauen am gesteigerten Haarverlust. Sie verlieren dann bis zu dreimal mehr Haare pro Tag als gewöhnlich. „Der Zyklus des Haarwuchses und die Hormone stehen in engem Zusammenhang“, erklärt Kingsley. „Östrogene wirken sich allgemein positiv auf das Haar aus und sorgen für die optimale Dauer der anagenen (Wachstums-)Phase der Zellen.“ Während der Schwangerschaft steigt der Östrogenspiegel, was das Haarwachstum anregt, doch 12 bis 16 Wochen nach der Geburt oder wenn Sie mit dem Stillen aufhören, nehmen diese Werte rapide ab – und somit auch Ihr Haar.
Dass ich meine Haare wie immer jeden Tag hochgebunden habe, hat auch nicht viel geholfen. „Ein strenger Zopf kann das wachsende Haar aus dem Follikel ziehen und weiter schwächen“, erklärt Lars Skjoth, Gründer von Harklinikken. Die Hormone regen das Haarwachstum an, weshalb Sie regelmäßig einen Termin beim Friseur buchen sollten. Der in Paris und New York lebende Stylist David Mallett rät zu einem guten Haarschnitt, um Volumen zu schaffen und Babyhaare am Ansatz zu kaschieren. Außerdem kann der richtige Farbton die Struktur des Haars hervorheben. „Eine Färbung dehnt das Haar aus, es erscheint deshalb voller. Der gezielte Einsatz von Farbe und dezente Highlights verleihen der Frisur Tiefe, was einem zurückgehenden Haaransatz entgegenwirkt“, fügt Mallett hinzu. Alternativ ziehen Sie ganz einfach einen anderen Scheitel. So können Sie den Haarverlust verdecken und einzelne Strähnen an den Wurzeln entlasten. „Umso öfter wir täglich den gleichen Scheitel tragen, desto mehr wird das Haar belastet und anschließend brüchig“, fügt er hinzu.
Auch an der Kopfhaut ziehen die hormonellen Auswirkungen der Schwangerschaft nicht spurlos vorbei. Mehr Östrogen bedeutet weniger überschüssiges Öl. Sie können also getrost ein paar Tage länger auf das Haarewaschen verzichten. Auch wenn das Haar werdender Mütter am Ansatz dazu neigt, schneller fettiger zu werden, sollten Sie nicht zum Trockenshampoo greifen. „Die darin enthaltenen Chemikalien und Pulver können die Haarfollikel verstopfen und somit den pH-Wert der Kopfhaut senken. Bei langfristiger Verwendung kann das dazu führen, dass Ihr Haar ausdünnt“, sagt Skjoth. Eine regelmäßige Pflege der Kopfhaut kann helfen. „Es regt die Durchblutung an und fördert das Haarwachstum“, ergänzt Mallett. Der New Yorker Dermatologe Dr. Joshua Zeichner bemerkt bei Patientinnen ein verstärktes Interesse an PRP-Haarwurzelbehandlungen. Dabei wird thrombozytenreiches Blutplasma in die Kopfhaut injiziert. „Es wirkt wie ein Dünger“, erklärt er. „Zwar wächst damit kein neues Haar, aber es wirkt regenerativ.“
Eine weitere wichtige Rolle spielt die Ernährung und der jeweilige Lebensstil. Stress nach der Schwangerschaft und Schlafmangel können das Haarwachstum beeinflussen. Auch können nach der Geburt Mangelerscheinungen bezüglich Eisen und Ferritin auftreten sowie ein Ungleichgewicht der Schilddrüse und Appetitlosigkeit. Das Haar ist ein erster Indikator für Mangelernährung und Nährstoffdefizite. Umso wichtiger ist deshalb eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Proteinen und guten Kohlenhydraten. „Das Haar ist ein weniger essenzielles Gewebe und hat daher eine geringere Priorität. Die Nährstoffe, die Sie zu sich nehmen, erreichen das Haar also immer als letztes beziehungsweise es muss darauf auch als erstes verzichten“, sagt Kingsley.
Und wann normalisiert sich die Lage nach der Schwangerschaft wieder? „Jeder ist anders. Bei manchen kann es bis zu einem Jahr dauern“, so Zeichner. Zehn Monate nach der Geburt hat mein Haar immer noch einen weiten Weg vor sich. In der Zwischenzeit versuche ich einfach, meinen Scheitel regelmäßig zu variieren.
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