Der Liebling
mit
Elle Fanning

Sie ist eine unverblümte Schauspielerin, ein verspieltes Model, ein Style-Vorbild und – wie ihr neuer Film beweist – eine talentierte Sängerin. Doch da ist noch etwas anderes, etwas Unbeschreibliches, das ELLE FANNING so einzigartig macht. JENNIFER DICKINSON hat sich mit ihr getroffen
Die Geschichte von Dornröschen hat viele Variationen, und ehrlich gesagt, sind einige davon ziemlich geschmacklos (und sagen wir mal so, der ursprüngliche Autor Giambattista Basile ist kein Walt Disney). Doch in einer der jugendfreieren Versionen wird Prinzessin Aurora von den guten Feen, die eine Einladung zur Taufe erhalten haben, mit magischen Geschenken überschüttet. Natürlich gehört Schönheit dazu, aber auch Mut, Charme und Musikalität. Es ist die Kombination dieser Eigenschaften, die Elle Fannings Rolle als Heldin in Maleficent – Die dunkle Fee zu einem Hollywood-Hit machte.
Die 20-jährige Schauspielerin ist heute nicht hier, um über Maleficent – Die dunkle Fee oder die Filmfortsetzung zu sprechen, die im Oktober dieses Jahres erscheinen wird – natürlich haben wir danach gefragt, aber mehr dazu später. Die Ähnlichkeit zwischen ihrem eigenen Charakter und dem ihrer Blockbuster-Rolle ist jedoch bemerkenswert. Aurora bringt Leben und Licht zurück in die dunklen Herzen; Fanning bringt gute Laune und eine fröhliche Stimmung in ein bitterkaltes, verregnetes Outdoor-Fotoshooting, das überwiegend aus Bademode und Shorts besteht. Ähnlich wie bei einer dieser Computeranimationen, in denen Knospen plötzlich in voller Blüte stehen, ist sie der Sonnenschein, der alle zum Strahlen bringt. Komisch, aber wahr.
„Dakota und ich führten im ganzen Haus aufwendige SZENEN auf, wie zum Beispiel eine Geburt. Ich war dann das BABY, das auf die Welt kommt. Es war ganz verrückt. Das war unsere Art zu SPIELEN“
So viel zu Schönheit und Charme, aber wie steht es um die Musikalität? Die Schauspielerin überzeugt hier ebenfalls. Das jüngste Projekt von Fanning ist die moderne Nacherzählung eines Märchens, doch man mag Cinderella im Musicalfilm Teen Spirit von Max Minghella womöglich nicht direkt wiedererkennen. So erzählt er die Geschichte der adidas-tragenden, introvertierten Violet, die ihren tiefsten Wünschen folgt und an einem Fernsehwettbewerb teilnimmt. Minghella (Sohn des Oscar-Gewinners Anthony Minghella) hatte über ein Jahrzehnt lang an seinem Debütprojekt gearbeitet und suchte nach einer polnischen Sängerin und Schauspielerin für die Besetzung von Violet. Als Fannings Team sich meldete und fragte, ob man Elle vorsprechen lassen würde, muss es sich wie ein Seitenhieb angefühlt haben. Die Schauspielerin lächelt. „Ich war von niemandem auf dem Radar, um die Rolle zu bekommen. In einer Pressemitteilung las ich, dass Max das Drehbuch geschrieben hatte und Regie führte. Und ich suche immer nach Filmen, in denen ich singen kann. Die Leute wissen nämlich nicht, dass ich es kann“, sagt Fanning. „Aber als Kind und Teenager habe ich immer gerne gesungen. Ich wollte entweder Popstar oder Schauspielerin werden. Als ich klein war, habe ich Vorführungen gemacht und zu den Pussycat Dolls, Gwen Stefani oder Fergie getanzt.“
Im Hause Fanning waren Auftritte an der Tagesordnung. Elle und ihre ältere Schwester Dakota (ebenfalls Schauspielerin) ließen ihre Traumwelt oft wahrwerden. „Meine Schwester und ich führten im ganzen Haus aufwendige Szenen auf, wie zum Beispiel eine Geburt. Ich war dann das Baby, das auf die Welt kommt. Es war ganz verrückt. Wir haben es für uns selbst getan und sagten nicht: ‚Oh, Mama und Papa, setzt euch hin, damit wir auftreten können.‘ Das war unsere Art zu spielen“, erklärt sie. Die Musik war jedoch ein Bereich, den die jüngere Schwester allein erkundete. „Ich sang und tanzte ständig. Meine Schwester schrie immer, dass ich die Klappe halten sollte. Die meiste Zeit sang ich nämlich ziemlich laut. Ich war hyperaktiv, wissen Sie? Das bin ich heute immer noch.“
„Meine Schwester schrie immer, dass ich die KLAPPE halten solle, da ich immer SANG. Ich war hyperaktiv. Das bin ich heute IMMER noch“
Ihr hyperaktives Wesen erklärt auch ihren außerordentlichen Werdegang. Die Schauspielerin, die am 9. April 21 Jahre alt wird, hat bisher an 60 Filmprojekten mitgewirkt. Fünf davon werden in den kommenden 12 Monaten erscheinen. Sie führt eine Art mentale Checkliste, wenn es darum geht, Jobs gemäß ihrer Ambitionen und Herausforderungen anzunehmen. „Ich versuche ungewöhnliche Rollen in verschiedenen Genres anzunehmen, mit denen mich die Leute nicht in Verbindung bringen, und so kann ich etwas Neues ausprobieren“, sagt sie. Vor Kurzem schloss sie eine Pilotfolge für die Fernsehserie The Great ab. In der historischen Drama-Komödie spielt sie Katharina die Große, die am längsten regierende weibliche Herrscherin von Russland. Für Fanning war die Rolle ein dreifacher Sieg: Es ist ihre erste Fernsehserie, erste Komödie und ihr erster Job als leitende Produzentin (eigentlich ist es ihr drittes Mal). „Komödien sind mein neuer Tick. Also ich glaube, meine Freunde würden mich als lustig beschreiben“, lacht sie.
Die Darstellung von Violet in Teen Spirit war eine andere Art von Herausforderung, die Fanning unbedingt meistern wollte. Wenn man sie nach ihren Zielen für die nächsten 20 Jahre fragt, dann stehen Kinder („Hoffentlich werde ich Mutter – ich wünsche mir viele Kinder“), Schauspielerei, Regieführung und ein Haus in London ganz oben auf der Liste. Außerdem möchte sie mit ihrer Schwester eine Produktionsfirma gründen, die sie nach ihrer Großmutter benennen will. „Wir nennen sie Gaba, also könnte die Firma Gaba Productions heißen“, sagt sie. Auf Platz eins befindet sich jedoch ein Album. „Das vierte Album könnte vielleicht das Haus in London finanzieren“, scherzt sie.
Dieser Traum ist nicht zu weit hergeholt. Fanning hat eine tolle Stimme. So toll, dass man darauf wartet, ihren Namen im Abspann zu sehen, wenn sie Coverversionen von Songs von Robyn und Sigrid trällert. Sie macht der Rolle alle Ehre – wie sie es immer tut – und porträtiert die unbeholfene, verletzte junge Frau mit Bravour. „Ich war sehr daran interessiert, dass Violet eine Hauptdarstellerin ist, die nicht immer sympathisch wirkt. Sie lächelt nicht die ganze Zeit und hat ein raues Äußeres. Ich war gespannt, diese Art von Mädchen auf der Leinwand zu verkörpern. Es ist einfach, das plötzliche Aufblühen eines schüchternen Charakters darzustellen. Unsere Geschichte ist jedoch anders – sie musste sich erst selbst finden.“
Die Schauspielerin geht an Rollen heran, als würde sie sich auf ein Rennen vorbereiten, sagt sie. „Ich betrachte eine Szene als Sport und versuche genügend Kraft zu tanken. Ich bin sehr diszipliniert.“ Ihre Einstellung könnte etwas mit ihren Eltern Heather und Steven zu tun haben. Beide waren Athleten. Für die Erziehung ihrer Töchter verdienen sie definitiv Anerkennung, da sie nicht nur den toughen Strukturen Hollywoods standhalten, sondern auch als glückliche, gesunde Menschen aus ihren Erfahrungen hervorgehen. Für ihre erste Rolle stand Fanning im Alter von drei Jahren vor der Kamera. Sie sagt über ihre Arbeit, dass sie sie viel darüber gelehrt hat, wie man mit Enttäuschungen und Jobabsagen umgeht. Das erlebe ich immer noch. Auch das eigene Selbstvertrauen überprüft man so ständig. Man muss irgendwie die Kraft finden, nicht aufzugeben und weitermachen zu wollen.“
„Ich hatte ein Vorsprechen für Friends. Ich glaube, dass ich eine von Phoebes DRILLINGEN spielen sollte… aber ich erhielt eine Absage. Dann war DAKOTA darin zu sehen und ich sagte: ‚Das gucke ich mir NICHT an!‘“
Eine der ersten großen Enttäuschungen, kam in Form einer langlaufenden Fernsehserie. In diesem Zusammenhang erzählt Fanning, wie sie letztes Jahr für Miu Miu das erste Mal auf dem Laufsteg lief und die Show eröffnete (ein weiteres Häkchen auf der Liste), als sie sich an eine andere Geschichte einer früheren Ablehnung erinnert. „Als ich klein war, habe ich immer so getan, als würde ich über den Laufsteg gehen. Außerdem sprach ich für eine Werbekampagne vor – ich glaube es war für Guess Kids – aber ich habe den Job nicht bekommen. Ich war so verärgert. Es gibt einige dieser Ereignisse, die mir damals passierten, wie zum Beispiel ein Vorsprechen für Friends. Vielleicht trügt mich meine Erinnerung, doch ich glaube, dass ich eine von Phoebes Drillingen spielen sollte.“ Hat man nicht eines der Mädchen Chandler genannt? „Ach ja, vielleicht war es das. Ich ging zum Vorsprechen, erhielt aber eine Absage. Dann dachte ich mir: ‚Ich boykottiere die Serie und sehe sie mir nie wieder an.‘ Dann war meine Schwester darin zu sehen [in der letzten Staffel] und ich weigerte mich, mir die Folge anzuschauen. [Sie lacht] Ich sagte: ‚Das gucke ich mir nicht an!‘“
„Ich möchte, dass AURORA eine Figur ist, zu der Mädchen aufschauen können. Es ist nicht falsch, seine WEIBLICHE Seite zu zeigen. Ich denke, wir Frauen sollten genau das an uns LIEBEN“
Glücklicherweise macht es Fannings Persönlichkeit unmöglich, einen Groll gegen sie zu hegen. Außerdem unterstützen sich die Schwestern gegenseitig sehr und sind bestrebt, bald einmal gemeinsam zu schauspielern (ausstehendes Häkchen). Auch haben sie die gleiche Stylistin, Samantha McMillen, die ihnen bei Auftritten auf dem roten Teppich zur Seite steht. Es hilft, dass Elle Mode liebt. „Der rote Teppich ist eine tolle Erfahrung. Warum sollte man diesen Moment nicht nutzen, um etwas Besonderes zu tragen und ihn zu genießen, verstehen Sie? Ich schaue mir immer die Shows an und schicke Samantha Looks. Sie versucht, diese dann zu bekommen oder lässt sich davon inspirieren. Wir lassen uns auch von jeder Filmfigur oder der Atmosphäre beeinflussen. Über Maleficent – Die dunkle Fee denken wir bereits nach.“
Nun, da sie es angesprochen hat, was können wir vom Comeback einer der größten Liebesgeschichten von Disney erwarten? „Ich hoffe es entspricht den Vorstellungen der Fans. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter, die Maleficent und Aurora haben, wird ins Spiel gebracht“, sagt sie zögernd. Sie kann aber etwas über die Kostüme und Persönlichkeit von Aurora verraten.
„Ich möchte, dass Aurora eine Figur ist, zu der Mädchen aufschauen können, die Stärke zeigt und so. Angelina [Jolie] und ich haben darüber gesprochen. Maleficent verkörpert natürlich das Böse. Aurora hingegen liebt Rosa und ist das Licht – sie hat keine Angst, feminin zu sein. Ich finde es toll, eine willensstarke Person zu spielen, die sich selbst unbeirrt treu bleibt. Während des gesamten Films trage ich Kleider. Es gibt also keinen Moment, in dem ich mich nach einer schützenden Rüstung sehne. Wissen Sie, was ich meine? Es ist nicht falsch, seine weibliche Seite zu zeigen. Ich denke, wir Frauen sollten genau das an uns lieben.“ Eine willensstarke Person, die sich selbst unbeirrt treu bleibt? Wir haben ja gesagt, dass die Besetzung spitze ist.
Teen Spirit erscheint demnächst in den deutschen Kinos